Blume: „Werden Produktionskapazitäten erhöhen“
Überrascht Sie diese hohe Nachfrage?
Blume: Keineswegs. Wir haben die Plug-in-Hybrid-Varianten als High-Performance-Fahrzeuge ausgelegt. Beim Panamera sogar als Top-Modell der Baureihe. Damit sind unsere Plug-in-Hybride alles andere als Verzichtfahrzeuge.
Hatten die strenger werdenden CO₂-Grenzwerte und das Pariser Klimaschutzabkommen Einfluss auf Ihre Entscheidung, Porsche zu einer Elektromarke zu machen?
Blume: Eines vorweg: Porsche ist und bleibt eine Sportwagen-Marke – mit Benzinmotoren und Elektroantrieben. Und wir bekennen uns zu den Pariser Klimaschutzzielen, ohne Wenn und Aber. Schließlich stehen wir als Autobauer ganz klar in der Verantwortung, die CO₂-Emissionen im Verkehr zu reduzieren. Auch wenn unser Marktanteil als Premiumhersteller sehr klein ist, kommt es für meine Vorstandskollegen und mich nicht in Frage auf andere zu zeigen. Wir verstehen die Strahlkraft unserer Marke vielmehr als Auftrag, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Oliver Blume bei der Vorstellung des Mission E Cross Turismo in Genf 2018
Vor diesem Hintergrund gab es für Sie keine andere Entscheidung als die Elektromobilität?
Blume: Damit Fahrzeuge lokal CO₂-frei fahren, haben wir als Hersteller drei Möglichkeiten: Elektromobilität, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. In der Well-to-Wheel-Betrachtung, die die Gesamtenergiebilanz von der Herstellung des Kraftstoffs bis zur Fortbewegung des Fahrzeugs im Blick hat, ist die E-Mobilität dem Wasserstoff um ein Dreifaches überlegen, den synthetischen Kraftstoffen um ein Sechsfaches. Mit der fortschreitenden Entwicklung von Batterien wird dieser Vorteil sogar noch größer ausfallen. Für einen Sportwagen-Hersteller wie Porsche sind das überzeugende Argumente – ganz abgesehen von den überragenden Leistungsdaten, die sich mit einem Elektroantrieb erzielen lassen.
Die EU hat die CO₂-Grenzwerte bis 2030 verschärft, die eine Reduktion von 35 Prozent vorsehen. Gehören Sie auch zu denen, die dieses Ziel als überambitioniert ansehen?
Blume: Ich halte diese Werte auch für extrem ambitioniert. Aber wir müssen sie schaffen, um die Klimaziele zu erreichen. So viel steht fest. Für die politische Diskussion würde ich mir jedoch wünschen, dass die Akteure mehr Expertise hinzuziehen und die Realisierbarkeit der gesetzten Ziele im Auge behalten. Für uns als exklusiver Hersteller, der nur in wenigen Premium-Segmenten aktiv ist, bin ich zuversichtlich, dass wir die Grenzwerte bis 2030 erreichen und womöglich sogar übererfüllen können. Porsche steht zu diesen ambitionierten Zielen. Im Volumensegment sind aber sehr viel größere Anstrengungen notwendig, um in der Kürze der Zeit attraktive und nachhaltige Lösungen auf den Markt zu bringen und damit die Kunden von der Elektromobilität zu überzeugen.
Die Konzeptstudie Mission E bei der Vorstellung auf der IAA 2015
Sie sind gerade in Arjeplog den neuen Taycan unter Kältebedingungen gefahren. Ist das Auto bereits das, was sie sich von ihm erwarten: nämlich ein richtiger Porsche zu sein?
Blume: Definitiv! Das sagen sogar meine Fahrwerkskollegen, die nur sehr schwer zufriedenzustellen sind und mit ihrer kritischen Haltung Porsche dorthin gebracht haben, wo wir heute stehen: Sie sind mit leuchtenden Augen und einem breiten Grinsen aus dem Taycan ausgestiegen.
Haben auch Ihre Augen geleuchtet?
Blume: Und wie! Ich bin absolut begeistert von diesem Fahrzeug. Es fährt sich fantastisch.
Können Sie nachvollziehen, dass für viele Porsche-Kunden der Weg in die Elektromobilität einen Kulturschock darstellt?
Blume: Das ist uns bewusst. Aber ich kann sie beruhigen: Auch in einem rein elektrisch angetriebenen Porsche werden sie all das vorfinden, was sie von unseren Marke erwarten – eine extrem sportliche Fahrdynamik, überragende Performance-Werte und, nicht zuletzt, sehr viel Emotionalität. Ich bin fest davon überzeugt: Je attraktiver die Produkte sind, desto schneller wird die Elektromobilität an Akzeptanz gewinnen. Um jedoch auch weiterhin jedem Kunden das bieten zu können, was er sich von unserer Marke wünscht, setzen wir für die Zukunft auf drei Antriebsarten: weiter optimierte Benziner, fortschrittliche Plug-in-Hybride und die reine Elektromobilität.
Blume: „Ich bin absolut begeistert von diesem Fahrzeug“
Wie fällt denn das erste Feedback auf den Taycan aus?
Blume: Hervorragend. Wir sind überwältigt von der Nachfrage nach diesem Fahrzeug, das die Kunden bislang noch nicht einmal gesehen haben. Das zeigt den großen Vertrauensvorschuss, den uns die Kunden entgegen bringen. In Norwegen gibt es bereits 3.000 Vorbestellungen für den Taycan.
Verraten Sie, wie die Resonanz weltweit genau ausschaut?
Blume: Vorbestellen kann man den Taycan noch nicht. Im Rahmen eines Depositor-Programms kann man jedoch für 2.500 Euro sein Kaufinteresse bekunden. Weltweit haben das bereits um die 20.000 Kunden getan. Das liegt deutlich über dem, was wir erwartet haben. Normalerweise geht der Run erst dann los, wenn es die ersten Fahrberichte gibt, wenn das Fahrzeug vorgestellt wird und man sich reingesetzt hat.
Was bedeutet diese große Nachfrage für die Lieferzeiten? Denn geplant hatten Sie bisher jährlich mit nur 20.000 Einheiten.
Blume: Angesichts der großen Nachfrage werden wir unsere Produktionskapazitäten erhöhen. Sollte es zu Wartezeiten kommen, wird es Möglichkeiten geben, den Kunden an den Taycan heranzuführen. Beispielsweise könnten wir ihm vorübergehend einen Panamera Plug-in-Hybrid zur Verfügung stellen, bevor er einen Taycan bekommt. Wir warten jetzt aber erst einmal den Produktionsstart ab, ehe wir über konkrete Lieferzeiten sprechen.
Sie werden auch zur Verkürzung der Lieferzeiten keine vorkonfigurierten Fahrzeuge anbieten?
Blume: Nein, wir werden keine Fahrzeuge von der Stange bauen. Jeder Kunde bekommt genau das Fahrzeug, das er möchte.
Einblicke in die Porsche Produktion 4.0 für den Taycan
Verraten Sie, in welcher Preisspanne sich der Taycan bewegen wird?
Blume: Wir werden den Taycan mit zwei Batterie-Größen anbieten, wobei wir mit dem größeren Package beginnen. Die Einstiegsvariante mit der kleineren Batterie wird bei unter 100.000 Euro beginnen. Und wie bei unseren Verbrennern wird es auch beim Taycan viele attraktive Extras geben.
Daimler hat gerade angekündigt, in der zweiten Jahreshälfte einen Plug-in-Hybriden mit annähernd 100 Kilometer Reichweite anzubieten. Wann wird es das bei Ihnen geben?
Blume: 2020 kommt die nächste Batterie-Generation. Mit ihr erhöhen wir die Amperestunden der Zellen von 37 auf 47. So erzielen wir größere Reichweiten, die wir sukzessive in unsere Produkte einführen werden.
Machen Sie sich Gedanken, ihre Elektroautos auch lokal in China produzieren zu lassen?
Blume: China ist zwar unser größter Einzelmarkt mit rund 80.000 Auslieferungen im Jahr. Für eine eigene Produktion sind das aber verhältnismäßig kleine Stückzahlen. Es war für uns daher bislang kein Thema, lokal in China zu fertigen. Es könnte irgendwann jedoch sein, dass wir durch Zollregularien dazu gezwungen werden. Wir wollen aber nichts überstürzen: Schließlich ist es unseren chinesischen Kunden auch wichtig, dass ihr Porsche aus Deutschland kommt. Daran halten wir so lange wie möglich fest.
Wie viele Elektroautos wird es denn bis 2025 von Porsche geben neben dem Taycan und Macan, der gerade beschlossen wurde?
Blume: Mit dem Cross Turismo wird Anfang des nächsten Jahrzehnts das erste Derivat des Taycan in Serie gehen. Und wie Sie schon sagen: Die neue Generation des Macan wird rein elektrisch fahren. Darüber hinaus gibt es noch keine weiteren Beschlüsse. Doch Sie können davon ausgehen, dass wir bereits viele gute Idee haben, wie wir die Mobilität der Zukunft gestalten – sportlich, nachhaltig und Porsche-typisch.